Hormonfreie Verhütung für Teenager
Meine Tochter ist zwar erst 7 Jahre alt, aber ich fange dennoch an, mir langsam Gedanken über ihre sexuelle Zukunft zu machen. Ich war frühreif und hatte meinen ersten Geschlechtsverkehr bereits mit 14 Jahren. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) starten die Jugendlichen heute später mit ihren sexuellen Erfahrungen1. Mit 14 Jahren haben heute nur 4 % der Mädchen ihren ersten Geschlechtsverkehr. Dagegen sind im Alter von 17 bereits 70 % keine Jungfrauen mehr. Als ich eine Jugendliche war, verhütete ich mit der Pille. Das möchte ich aber für meine Tochter nicht. Wenn Du hier auf meiner Seite bist, dann wünschst Du Dir sicherlich für Dich selbst oder Dein Kind auch eine zuverlässige und hormonfreie Verhütung für Teenager.
Welche Verhütung nutzen Teenager heute?
Schauen wir uns ein paar Zahlen der BZgA-Umfrage an:
- 77 % der Teenager nutzen beim ersten Geschlechtsverkehr ein Kondom.
- 30 % der Jugendlichen verwenden die Pille beim ersten Mal.
- Die Verwendung der Pille beim 1. Sex ist um 5 % rückläufig.
- 9 % der Jugendlichen verhüten beim 1. Geschlechtsverkehr überhaupt nicht.
Ob ein Teenager verhütet oder nicht, scheint vom Bildungsstand abhängig zu sein. Denn bei den Teenagern mit niedrigem Bildungsstand verhüteten 20 % beim ersten Sex nicht.
Es ist ein Fortschritt, dass scheinbar die Pille nicht mehr so häufig verwendet wird, wie noch vor Jahren. Doch stimmt das tatsächlich?
Der Vertrauensverlust von Teenagern in die Pille
Beim ersten Geschlechtsverkehr hat das Kondom die Nase vorn. Es wird auch beim 2. Sex noch am häufigsten benutzt. Doch wenn sich die Paare länger kennen und in einer Beziehung stehen, steigen die Meisten von Ihnen nach wie vor auf die Pille um. 80 % der Jugendlichen haben bereits mindestens einmal Erfahrung mit der Pille. Insgesamt setzen aber 65 % der jungen Paare in längeren Beziehungen auf die Pille. Dennoch sinkt die Verwendung in den letzten Jahren ab.
Im Jahr 2014 verwendeten noch 48 % beim ersten Sex die Pille. Im Jahr 2019 waren es nur noch 34 %. Die Forscher stellten sich die Frage, warum die Pille-Nutzung in den letzten 5 Jahren des Umfragezeitraums rückläufig war, während in den vorherigen Jahrzehnten der Anteil der jugendlichen Pille-Nutzerinnen stetig anwuchs.
Die Jugendlichen durften dazu Ihre Antworten geben2. Es wurde nach Schulnoten von 1 bis 6 bewertet. Wobei die Zahl 1 „sehr gut“ und die Zahl 6 „sehr schlecht“ bedeutet. Schauen wir uns die Ergebnisse im Vergleich der Jahre 2014 und 2019 an:
Risiken hormoneller Verhütung bei Teenagern
Während im Jahr 2014 noch vor allem der Preis der Pille angeprangert wurde, steht jetzt die Gesundheitsverträglichkeit des hormonellen Verhütungsmittel in der Kritik. Die negativen Stimmen werden lauter, je gebildeter die Mädchen sind. 25 % der Teenager mit hohem Bildungsniveau sehen die Pille als nicht förderlich für ihre Gesundheit. Dagegen sind es nur 13 und 7 % der Mädchen aus mittleren und niedrigen Bildungsschichten.
Auch mit steigendem Alter werden die gesundheitlichen Bedenken gegenüber der Pille größer. Bei den 14- bis 17-Jährigen sorgt sich ein Drittel um seine körperliche und seelische Gesundheit bei Pille-Einnahme. Ein anderes Drittel in der gleichen Altersgruppe sieht dagegen überhaupt keine Probleme. Erreichen die Frauen die Volljährigkeit, dann befürchten bereit 46 % negative Folgen auf ihren Körper und ihre Psyche infolge der Einnahme der Pille.
Pille bei Teenagern: höheres Depressionsrisiko
In Kanada wurde eine Studie mit 1.236 Frauen aus den USA durchgeführt3. Es wurde speziell überprüft, ob die Einnahme der Pille im Teenageralter Auswirkungen auf die Depressionsanfälligkeit von erwachsenen Frauen hat. Tatsächlich wurde entdeckt, dass die Wahrscheinlichkeit als Erwachsene an einer Depression zu erkranken zwischen 1,7- und 3-Mal höher war, wenn die Frauen in der Pubertät die Antibabypille eingenommen haben.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Ursache in der Gehirnentwicklung liegt. In der Pubertät werden wichtige Meilensteine in der Entwicklung des Gehirnes gelegt. Die Sexualhormone, die durch die Pille künstlich zugeführt würden, könnten eine Störung verursachen, die zu den Depressionen führt.
Zu den psychischen Nebenwirkungen, die der Pille unterstellt werden, zählen außerdem erhöhte Eifersucht, schlechtere Lebensqualität und Suizidgedanken.
Körperliche Nebenwirkungen der Pille
Im Gegensatz zur hormonfreien Verhütung für Teenager hat die Pille eine ganze Reihe von Risiken und Nebenwirkungen.
- Gewichtszunahme
- Libidoverlust
- Kopfschmerzen, Migräne
- Übelkeit und Erbrechen
- Brustspannen
- Darmentzündungen
- Diabetes
- Erhöhtes Gebärmutterhalsrisiko
- Erhöhtes Krebsrisiko
- Thrombosen
- Lungenembolie
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Lösung: hormonfreie Verhütung für Teenager
Ich habe bereits einen ausführlichen Beitrag zur hormonfreien Verhütungsmethoden und ihrer Sicherheit geschrieben. Dennoch möchte ich auf verschiedene Methoden noch einmal gesondert und im Hinblick auf die Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen. Sieh es mir nach, falls es inhaltliche Überschneidungen gibt.
Mechanische Methoden zur hormonfreien Verhütung bei Jugendlichen
Unter mechanischen Verhütungsmittel versteht man Varianten, die verhindern, dass Samenzellen überhaupt in die Gebärmutter eindringen können. Sie stellen sozusagen eine Barriere zwischen Samenzellen und Gebärmutter dar. Am bekanntesten und beliebtesten unter den mechanischen Methoden ist das Kondom. Mehr als 90 % der sexuell aktiven Jugendlichen nutzen zumindest einmal Kondome. Das hat auch den Hintergrund, dass diese nicht nur eine Schwangerschaft, sondern auch viele sexuell übertragbare Krankheiten verhindern können. Gleichzeitig besitzt diese hormonfreie Verhütung für Teenager kaum Nebenwirkungen.
Kondom
Das Kondom hat den Vorteil, dass die Teenager es unkompliziert und günstig kaufen können. Sie bekommen die Präservative an der Tankstelle genauso wie auf Amazon. Wer beim Geschlechtsverkehr ein Kondom überstülpt, der praktiziert Safer Sex, weil sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV verhindert werden. Der Sex gilt also als sicher.
Wichtig ist, dass das Kondom richtig angewendet wird. Bei Fehlern kann es weder eine Schwangerschaft noch eine Infektion unterbinden. Hier sind die Teenager und auch ihre Eltern gefragt. Es sollte sichergestellt werden, dass der Umgang mit einem Kondom sicher gelingt, bevor der erste Geschlechtsverkehr praktiziert wird.
In dem Video der Techniker Krankenkasse wird die richtige Anwendung eines Kondoms von einem Mediziner ordentlich erklärt. Wegen der Altersbeschränkung kannst Du es nur direkt auf YouTube sehen. Folge einfach dem Link:
Pearl-Index des Kondoms: 2 bis 12.
Femidom
Das Kondom für die Frau wird Femidom genannt. Ich empfehle es eher nicht für Teenager. Das liegt zum einen an der etwas herausfordernden Handhabung und zum anderen daran, dass es Femidom nicht überall zu kaufen gibt. Falls Du trotzdem das Femidom benutzten möchtest, dann lass Dir von Deinem Gynäkologen ganz genau erklären, wie es funktioniert.
Der Vorteil des Femidoms ist, dass es ebenfalls gegen Infektionen mit dem HIV und anderen Viren schützt. Ein Femidom kann nur einmal genutzt werden und wandert dann in den Müll. Der Perl-Index liegt bei 2 bis 12.
Diaphragma
Der Pearl-Index des Diaphragmas ist mit 1 – 20 besser als des Kondoms. Dennoch verwenden nur wenige Teenager diese hormonfreie Verhütungsmethode.
Das Diaphragma erinnert mich immer irgendwie an eine fliegende Untertasse. Es ist eine gummiüberzogene Halbkugel. Die richtige Größe misst Dein Frauenarzt aus. Dadurch, dass das Diaphragma vor dem Geschlechtsverkehr am Muttermund eingesetzt wird, können die Spermien nicht zur Eizelle vordringen. Zusätzlich zur rein mechanischen Methode ist es ratsam, ein spermienabtötendes Mittel in Form eines Gels auf das Diaphragma aufzutragen.
Die Anwendung des Diaphragmas kann gerade für Teenager etwas kompliziert sein. Falls dieses Verhütungsmittel gewählt wird, dann sollte der Frauenarzt ganz genau erklären, wie es korrekt eingesetzt wird. Nur dann besteht ein Schutz vor einer Schwangerschaft.
Lea
Lea funktioniert ähnlich wie ein Diaphragma. Es wird ebenfalls vor dem Muttermund angebracht und mit einem Spermizid-Gel versehen. Ein Vorteil ist, dass Lea nicht in der Größe angepasst werden muss. Außerdem verfügt diese Methode über ein Abflussventil. Dadurch kann die hormonfreie Verhütung für Teenager bis zu 48 Stunden im Körper bleiben. Es kann bereits vor der Date-Nacht eingesetzt und erst im Laufe der nächsten ein oder zwei Tage entfernt werden. Dadurch werden das Liebesspiel und anschließende Kuscheln nicht unterbrochen.
Der Pearl-Index von Lea ist ähnlich wie bei einem Diaphragma. Allerdings ist Lea nicht für jeden Teenager geeignet. Falls Du häufiger unter Blasenentzündungen oder anderen Harnwegsinfekten leidest, dann kommt Lea leider nicht für Dich infrage.
Nach 6 bis 9 Monaten ist Lea fertig und muss gegen ein neues Modell ausgetauscht werden.
Hormonfreie Verhütung für Teenager: weitere Alternativen
Auf meinem Blog habe ich Dir bereits erklärt, wie Du etwa die Basaltemperatur messen und zur hormonfreien Verhütung verwenden kannst. Ich persönlich empfehle allerdings weder die Temperaturmethode noch die symptothermale Methode als alleiniges Verhütungsmittel für Teenager.
Symptothermale Methode und Zykluscomputer
Wenn ich mich selbst an meine Jugendzeit erinnere, herrschte damals viel zu viel Chaos in mir, als dass ich regelmäßig meinen Zyklus aufgezeichnet hätte. Dennoch halte ich es für wichtig, dass junge Mädchen ihren Zyklus kennen und mit verschiedenen Anzeichen wie der Beschaffenheit des Zervixschleims umzugehen wissen. Deshalb finde ich es grundsätzlich gut, die Eisprungsymptome zu beobachten. Ein guter Zykluscomputer kann den Mädchen dabei helfen, ihren Körper besser kennenzulernen.
Allerdings würde ich Zykluscomputer, Kalender-, Temperaturmethode und Co immer mit einem anderen Verhütungsmittel wie zum Beispiel dem Kondom kombinieren. Teenager sollten auch außerhalb der fruchtbaren Tage sicherheitshalber verhüten, damit garantiert keine Schwangerschaft oder Infektion mit einer Geschlechtskrankheit entsteht.
Alternativ zur symptothermalen Methode gibt es eine weitere nicht-mechanische und dennoch hormonfreie Verhütungsmittel für Teenager, die durchaus empfehlenswert ist.
Kupferspirale
Die Kupferspirale wird vom Frauenarzt in die Gebärmutter eingesetzt. Das kann durchaus schmerzhaft sein. Dort gibt der Kupferdraht des Verhütungsmittels Ionen an den Körper ab. Diese sorgen dafür, dass sich die Spermien nicht so schnell bewegen und schneller sterben. Die Kupferspirale wirkt auch auf die Gebärmutterschleimhaut ein. Dadurch kann sich ein befruchtetes Ei dort kaum mehr einnisten. Durch diese doppelte Wirkweise besitzt diese Methode einen Pearl-Index von 0,3 bis 3 und gilt als sehr sicher.
Der Preis schlägt allerdings mit rund 300 EUR zu Buche. Allerdings kannst Du die Spirale bis zu 5 Jahre im Körper lassen. Sollte sich in der Zeit ein Kinderwunsch entwickeln, dann lässt Du das Teil einfach vom Frauenarzt entfernen. Denke daran, dass die Spirale nicht vor Geschlechtskrankheiten schützt.
Es ist wichtig, eine hormonfreie Verhütung für Teenager zu wählen, die praktikabel und sicher ist. Außerdem muss sich das Mädchen damit wohlfühlen. Am besten werden gemeinsam mit dem Frauenarzt verschiedene Methoden diskutiert und sich dann für eine Variante entschieden. Falls sich herausstellt, dass die Wahl falsch war, kann jederzeit die Methode gewechselt werden.
QUELLEN:
1 Erste Ergebnisse der neuen Befragungswelle BZgA-Studie „Jugendsexualität“, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Beitrag vom 03.12.2020, https://www.bzga.de/aktuelles/2020-12-03-erste-ergebnisse-der-neuen-befragungswelle-bzga-studie-jugendsexualitaet/#:~:text=77%20Prozent%20der%2014%2D%20bis,zu%20vor%20f%C3%BCnf%20Jahren%20r%C3%BCckl%C3%A4ufig., abgefragt am 05.02.2023
2 Scharmanski, S. & Hessling, A. (2021). Im Fokus: Die Pille. Jugendsexualität 9. Welle. BZgA-Faktenblatt. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). https://doi.org/10.17623/BZgA_SRH:fb_JUS9_Pille
3 Christine Anderl et. a. (2019): Oral contraceptive use in adolescence predicts lasting vulnerability to depression in adulthood, https://doi.org/10.1111/jcpp.13115
Meine Tochter würde gerne verhüten. Da ich sie dabei unterstütze, suchen wir aktuell eine vertrauenswürdige Frauenarztpraxis. In der Zwischenzeit ist es gut zu wissen, was andere Teenager zur Zeit nutzen.
Wie schön, dass Du Deine Tochter im Hinblick auf Verhütung unterstützt. Da kann sich Deine Tochter glücklich schätzen. Ich wünsche Euch viel Erfolg bei der Suche nach einer guten Frauenarztpraxis.