Anti-Müller-Hormon (AMH): wie wichtig bei Kinderwunsch?

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Im Kontext des Themas Kinderwunsch liest man immer wieder vom Anti-Müller-Hormon. Falls Du kein Mediziner oder Gesundheitsexperte bist, wirst Du mit diesem Begriff wahrscheinlich erst einmal nichts anfangen können. Deshalb liefere ich Dir eine kurze Erklärung. Neuste Studienergebnisse lassen außerdem daran zweifeln, dass AMH für Frauen, die schwanger werden wollen, wirklich so wichtig ist. Lies weiter und erfahre die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Anti-Müller-Hormon bei Kinderwunsch.

Was ist das Anti-Müller-Hormon?

Das Anti-Müller-Hormon (AMH) kommt sowohl bei Männern als auch Frauen im Laufe des Lebens vor.

Es spielt bereits während der Schwangerschaft eine wichtige Rolle. Denn zwischen der 8. und 11. Schwangerschaftswoche (SSW) sorgt das Anti-Müller-Hormon dafür, dass sich aus dem Fötus entweder ein Junge oder ein Mädchen entwickelt.

Bei männlichen Embryonen wird in den Sertoli-Zellen des Hodens das AMH produziert. Dadurch bilden sich die sogenannten Müller-Gänge (lat.: Ductus paramesonephricus) zurück. Ein weiblicher Fötus produziert kein AMH, weshalb die Müller-Gänge bei ihm bestehen bleiben. Aus den Gängen entwickeln sich die weiblichen Geschlechtsorgane.

Der erste Forscher, der die Gänge beschrieben hat, war der Anatom Johannes Peter Müller. Nach ihm sind die Gänge und auch die Hormone benannt.

Bei Frauen wird AMH erst ab der Geschlechtsreife wichtig. Ab der Pubertät bilden die Eierstöcke das Hormon, genauer gesagt die Granulosazellen. Das AMH reguliert das Wachstum der Follikel. In den Follikeln reifen die Eizellen. An der Konzentration des Anti-Müller-Hormons kann abgelesen werden, wie viele Eibläschen bei der Frau heranwachsen. Es wird außerdem darauf geschlossen, wie groß der Vorrat an Eizellen ist. Deshalb wird das Anti-Müller-Hormon auch als ovarieller Biomarker bezeichnet.

Was besagt die Eizellreserve?

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D‍ie Eizellreserve ist ein wichtiger Faktor bei einem Kinderwunsch. Jede Frau wird mit einem bestimmten Vorrat an Eizellen geboren. In der Regel sind bei der Geburt rund 2.000.000 Eizellen vorhanden. Bei der ersten Periode hattest Du nur noch zwischen 300.000 bis 500.000 Eizellen. Jeden Zyklus sinkt die ovarielle Reserve um weitere 1.000 Eizellen. Je mehr Eizellen vorhanden sind, desto höher die Chance, schwanger zu werden. Je weniger Eizellen vorhanden sind, desto weniger Östrogen produziert eine Frau noch. Neigt sich der Vorrat der Eizellen seinem Ende zu, dann setzen die Wechseljahre ein.

Wie hängen Anti-Müller-Hormon und Fruchtbarkeit zusammen?

Mithilfe des Anti-Müller-Hormons kann abgelesen werden, wie hoch ovarielle Reserve der Frau ist. Es zeigt allerdings nicht direkt an, wie viele Eizellen Du noch vorrätig hast.

Von der Höhe des AMH im Blut kann nur abgelesen werden, wie viele Eibläschen heranwachsen. Von diesem Wert schließen Mediziner dann auf den Eizellvorrat.

Wie wird das Anti-Müller-Hormon gemessen?

Um die Konzentration des Anti-Müller-Hormons herauszufinden, wird ein Bluttest gemacht. Das geschieht in der Regel zu Beginn Deines Zyklus. Nach dem Eisprung ist das AMH für gewöhnlich etwas niedriger, deshalb wird dann nicht gemessen. Normalerweise musst Du die Kosten von 30 bis 150 EUR selbst tragen. Allerdings kann der Betrag unter Umständen von der Krankenkasse übernommen werden. Das gilt nämlich dann, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Kläre die Kostenübernahme unbedingt im Vorfeld ab.

Wird bei Frauen mit Kinderwunsch eine Blutanalyse durchgeführt, wird nicht nur das AMH, sondern auch das FSH (Follikel stimulierendes Hormon) gemessen. Beide Werte können Auskunft darüber geben, wie fruchtbar eine Frau ist.

Welche Konzentration des Anti-Müller-Hormons ist gut?

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Falls Du den Bluttest bei Kinderwunsch machen lässt, willst Du natürlich wissen, welcher Wert gut ist.

  • Bei mehr als 1 ng/ml hast Du eine ausreichende Eizellreserve.
  • Liegt Dein Wert unter 1 ng/ml, ist Dein ovarieller Vorrat nur noch klein.

Eine niedrige Konzentration kann darauf hindeuten, dass Du bald in die Wechseljahre kommst. Deshalb sinken die Normwerte auch mit steigendem Alter der Frau. Hier eine die durchschnittlichen AMH-Werte je nach Alter der Frau:

  • Unter 30 Jahren: < 2.5 ng/ml
  • 30 bis 35 Jahre: 2.0-2.5 ng/m
  • Zwischen 35 und 40 Jahren: 1.5-2.0 ng/ml

Falls bei Dir ein niedriger AMH-Wert festgestellt wurde, dann ist das kein Grund zum Verzweifeln. Die Konzentration des Anti-Müller-Hormons schwankt. Sie kann von einem Zyklus zum nächsten bis zu 20 % betragen. Deshalb ist es sinnvoll, die Blutanalyse zu wiederholen.

Falls Du die Pille nimmst, dann ist der Wert oftmals ohnehin niedriger. Studien haben gezeigt, dass der Wert des Anti-Müller-Hormons bei Nutzerinnen der Antibabypille teilweise um 30 Prozent sinkt. Wenn Du einen Kinderwunsch hast, setzt Du die Pille ja sowieso ab. Zwei Monate nach der letzten Einnahme sollte sich die Konzentration des AMH wieder normalisieren.

Das AMH wird bei Frauen neben der Feststellung der Eizellreserve auch noch in folgenden Fällen gemessen:

    • Feststellung Perimenopause
    • Prognose für den Erfolg von IVF
    • Einschätzung, ob die Eierstöcke hormonell stimulierbar sind
    • Prämature Ovarialinsuffizienz (Ovarialversagen vor dem 40. Lebensjahr)
    • Beurteilung der ovariellen Reaktion bei PCOS sowie krankhaftem Übergewicht
    • Kontrolluntersuchung bei Granulosazelltumoren
    • Feststellung der Ovartoxizität bei einer Chemotherapie

Kurzer Hinweis zur prämaturen Ovarialinsuffizienz: In diesem Fall ist das Anti-Müller-Hormon niedrig, während die FSH-Konzentration erhöht ist. Gleichzeitig schwankt Dein Zyklus.

Warum neuere Studienergebnisse das Anti-Müller-Hormon entzaubern

Wenn das Anti-Müller-Hormon bei Dir niedrig sein sollte, dann interessieren Dich bestimmt die Studienergebnisse von Anne Z. Steiner und ihren Kollegen. Ihre Forschungsergebnisse wurden im Jahr 2017 im Journal of the American Medical Association veröffentlicht. Das Team aus sieben Wissenschaftlern stellte fest, dass Frauen mit einer Anti-Müller-Hormon-Konzentration von < 0,7 ng/ml, zwischen 0,7 – 8,4 ng/ml oder ≥ 8,5 ng/ml mit der gleichen Wahrscheinlichkeit innerhalb von 6 bis 12 Monaten schwanger wurden.

Für die Studien wurden folgende Frauen ausgewählt:

  • 750 Frauen zwischen 33 und 44 Jahren
  • Nur Frauen ohne bekannte Einschränkungen der Fruchtbarkeit
  • Frauen, die maximal seit 3 Monaten versuchten, schwanger zu werden

Aus den Studienergebnissen schlossen die Wissenschaftler, dass sich das AMH nicht zur Bestimmung der Schwangerschaftswahrscheinlichkeit heranziehen lässt.

Diese Erkenntnisse lassen Dich wahrscheinlich erst einmal durchatmen. Doch vermutlich überlegst Du trotzdem, was Du tun kannst, um Deine Fruchtbarkeit zu verbessern.

Was beeinflusst das Anti-Müller-Hormon negativ?

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Es gibt einige Faktoren, die sich negativ auf das Anti-Müller-Hormon auswirken:

  • Endometriose
  • Operationen an den Eierstöcken
  • Manche Krebsbehandlungen
  • Autoimmunerkrankungen

Zudem kann eine genetische Veranlagung in der Familie vorhanden sein, durch die Deine Eizellreserve vorzeitig aufgebraucht ist.

Wie kann ich das Anti-Müller-Hormon erhöhen?

Falls Du rauchst, dann solltest Du ab sofort besser die Finger von den Kippen lassen. Es wurde festgestellt, dass Raucherinnen häufig einen niedrigeren Anti-Müller-Hormonspiegel haben als Nichtraucherinnen. Interessant ist, dass die Anzahl der Zigaretten anscheinend keine Rolle spielt. Selbst wenn Du also nur einen Glimmstängel pro Tag rauchst, kann sich das negativ auf Deinen Hormonspiegel auswirken.

Ein Mangel an Vitamin D könnte ebenfalls einen negativen Effekt auf das AMH haben. Allerdings ist sich die Wissenschaft darüber nicht einig. Es wird heftig diskutiert. Lass sicherheitshalber Deinen Vitamin-D-Status bestimmen und nimm bei einem Mangel ein gutes Nahrungsergänzungsmittel ein. Besprich die Maßnahmen aber unbedingt vorab mit Deinem Arzt. Denn eine Überdosierung kann gefährlich werden. Ganz unabhängig davon, ob unter einem niedrigen AMH-Wert leidest oder nicht, solltest Du Deinen Körper gut mit Nährstoffen versorgen.

Genau wie beim Vitamin D kann auch kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Übergewicht und einem niedrigen AMH-Spiegel hergestellt werden. Die Wissenschaft ist sich nicht einig. Worüber dagegen allerdings Konsens herrscht ist, dass ein erhöhter BMI grundsätzlich eine negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit hat. Solltest Du also ein paar Kilos zu viel auf die Waage bringen, dann könntest Du an Deinem Gewicht arbeiten.

Ich bin kein Fan von künstlich zugeführten Hormonen. Das beweist ja schon alleine mein Blog zur natürlichen Familienplanung. Auch wenn ich bei manchen Maßnahmen sehr kritisch bin und sie selbst vermutlich eher ablehnen würde, möchte ich sie Dir dennoch nicht vorenthalten. Einige Wissenschaftler vermuten, dass DHEA (Dehydroepiandrosteron) das AMH in Deinem Blut erhöhen könnte.

DHEA ist das beim Menschen am häufigsten vorkommende Steroidhormon. Es wird in der Nebennierenrinde produziert. Du kannst es künstlich zuführen. Allerdings ist es verschreibungspflichtig. Deshalb musst Du die Einnahme mit Deinem Arzt diskutieren. Der wird sich wahrscheinlich die Studienlage dazu ansehen, bevor er sein Einverständnis gibt. Allerdings ist die Datenlage mager, wenn doch auch einige Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen DHEA und AMH herstellen.

‍Zum Abschluss noch ein paar grundsätzliche Worte zu den Eizellen. Die Anzahl der Eizellen spielt natürlich eine Rolle bei einem Kinderwunsch. Je mehr Eizellen vorhanden sind, desto eher sollte es mit einem Baby klappen. Allerdings darfst Du dabei die Qualität der Eizellen nicht außer Acht lassen. Was nutzen Dir viele Eizellen von minderer Qualität? Wahrscheinlich eher weniger.

Selbst wenn Du über keinen großen Eizellvorrat verfügst, die verbleibenden Keimzellen allerdings von guter Qualität sind, hast Du trotzdem eine echte Chance schwanger zu werden. Das Anti-Müller-Hormon gibt keine Auskunft über die Beschaffenheit Deiner Eizellen.
Hast Du schon einmal Deinen Anti-Müller-Hormonspiegel bestimmen lassen? Falls Du einen niedrigen Wert hattest und trotzdem schwanger wurdest, dann schreib doch bitte einen kurzen Kommentar. Du könntest vielen Leserinnen Hoffnung machen. Danke Dir.

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